Себастьян БрантDAS NARRENSCHIFF. 81 VON KÖCHEN UND KELLNERN.
Ein Bötlein uns vorüberlief...
Hier kommen Kellner, Köch', Ehalten,
All, die des Hauses Sorg' verwalten
Und redlich in dem Schiffe schalten.
Offene Küche am Ufer; eine Frau das Feuer schürend, ein Mann, der durch sein Aeußeres als Kellermeister bezeichnet ist, ein andrer durch seine Beschäftigung als Koch, ein dritter, welcher trinkt, werden alle vier von einem Narren, der als Schiffer erscheint, an Seilen gehalten.
Ein Bötlein uns vorüberlief,
Das fragte nah dem Narrenschiff,
Dem gaben wir versalzne Suppen,
Daß er das Fläschlein wohl möcht' luppen;
Wie schnell ist er davon geflogen,
Das Fläschlein hat er oft gezogen,
Wir wollten ihm ein Brieflein geben,
Doch er thät eilig weiterschweben.
Drum kommen wir die Straß' hier schlecht,
Kellner und Köche, Magd, Ehalt, Knecht,
Die in der Küche zu schaffen haben.
Wir tragen auf nach Kundschaft und Gaben,
Draus kein Bedenken uns entsteht,
Aus unserm Seckel es nicht geht;
Zumal, wenn unsre Herrschaft aus
Und sonsten Niemand ist im Haus,
Dann schlemmen wir und taberniren,
Auch fremde Prasser heim wir führen
Und geben da gar manchen Stoß
Den Kannen, Krügen, Flaschen groß.
Wenn Nachts die Herrschaft geht zur Ruh,
Und Thor und Riegel sind fest zu,
So trinken wir dann nicht vom bös'sten
Und zapfen aus dem Faß dem größten,
So kann man es so leicht nicht spüren.
Ins Bett wir dann einander führen,
Doch ziehen wir zwei Socken an,
Daß uns der Herr nicht hören kann,
Und hört man dann doch etwas krachen,
Wähnt man, daß es die Katzen machen.
Alsdann nach einer kleinen Frist,
Vermeint der Herr, daß ihm noch ist
Im Fäßlein mancher gute Trunk,
Doch horch! der Zapf macht glunk, glunk, glunk!
Das ist ein schlimmes Zeichen, daß
Gar wenig mehr ist in dem Faß.
Sodann wir fleißig darauf achten,
Daß wir zurichten viele Trachten,
Und damit Lust und Magen reizen;
Mit Kochen, Sieden, Braten, Beizen,
Mit Rösten, Backen, Pfefferbrei,
Mit Zucker, Gewürz und Spezerei
Bereiten Trank wir und Gericht,
Daß an der Stiege sich Mancher bricht,
Oder er muß es von sich purgiren
Mit Syropen und mit Klystiren.
Drob machen wir nicht viel Geschrei,
Werden wir doch selbst voll dabei,
Da wir uns selber nicht vergessen:
Das Beste wir vom Hafen essen;
Denn wären wir auch vor Hunger gestorben,
Es hieß doch, wir seien durch Schlemmen verdorben.
Der Kellner spricht: "Brat' mir 'ne Wurst,
Herr Koch, so lösch' ich dir den Durst!"
Der Kellner ist des Weins Verräther,
So ist der Koch des Teufels Bräter,
Hier wird er gewohnt das Küchenfeuer,
Drum scheint die Höll' ihm nicht ungeheuer.
Kellner und Köche sind selten leer,
Sie tragen auf und mühn sich sehr:
Zum Narrenschiff steht ihr Begehr.
Als Joseph nach Egypten kam,
Der Köche Fürst ihn zu sich nahm,
Und Zion gewann Nabursadam.
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 151-154.