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Себастьян БрантDAS NARRENSCHIFF. 63 VON BETTLERN.

Der Bettel hat auch Narren viel...
5 мин.
30
немецкий
Voll Furcht, mir gingen Narren ab,
Hab' ich durchsucht den Bettelstab,
Und wenig Witz ich funden hab'.

Ein Bettler, anscheinend blind, von einem Hündchen geführt, hinkt neben einem Esel her, der auf seinem Rücken zwei Hängekörbe mit kleinen Kindern trägt. Die zurückgebliebene, wohlgekleidete Frau thut einen tüchtigen Zug aus einer Flasche. In der Ferne eine Stadt.
Der Bettel hat auch Narren viel,
Man schafft sich Geld durch Bettelspiel
Und will mit Betteln sich ernähren.
Mönchsorden, Pfaffen sich beschweren,
Daß sie, die Reichsten, wären arm.
Ach, Bettel, daß sich Gott erbarm!
Du bist um Nothdurft auserdacht
Und hast viel Geld zusammenbracht.
Doch schreit der Prior: "Mehr ins Haus!"
Dem Sack, dem ist der Boden aus.
Desgleichen thun die Heilthumführer,
Die Stirnenstößer, Stationirer,
Die keiner Kirms vorübergehn,
Wo sie nicht öffentlich ausstehn
Und schrein, sie führten in dem Sack
Das Heu, das tief vergraben lag
Unter der Krippe zu Bettelheim,
Oder von Bileams Esel ein Bein,
Eine Feder aus Sanct Michels Flügel
Und von Sanct Jörgens Roß den Zügel
Oder die Bundschuh' von Sanct Claren.
Mancher treibt Bettel in solchen Jahren,
Wo jung er ist, stark und gesund
Und werken könnte jede Stund',
Nur daß er sich nicht gern mag bücken,
Ihm steckt ein Schelmenbein im Rücken.
Seine Kinder müssen's jung verstehn,
Ohn' Unterlaß zum Bettel gehn
Und lernen wol den Bettelschrei,
Sonst bräch' er ihnen den Arm entzwei
Und ätzte ihnen Wunden und Beulen,
Damit sie könnten schrein und heulen.
Ihrer sitzen vierundzwanzig noch
Zu Straßburg in dem Dummenloch,
Ohn' die man setzt' in den Waisenkasten.
Aber Bettler pflegen selten zu fasten:
Zu Basel auf dem Kohlenberk
Da treiben sie ihr Bubenwerk.
Sie wälschen durch das Terich roth
Und haben ihr bequemes Brod.
Jeder Stabil ein Hörnlüten hat,
Die foppt, färbt, ditzet durch die Stadt,
Dem Pred'ger heischt Geld ihre Stimme,
Der lugt, wo sei der Joham grimme,
Und läuft durch alle Schöchelboß,
Wo Rübling junen ist recht los;
Hat er besevelt hier und dort,
So schwänzt er sich dann wieder fort,
Veralchend über den Breithart
Stiehlt er die Breitfüß' und Flughart,
Damit er sie flößle und Lüßling abschneide;
Grantner, Klantvetzer geben ihm Geleite.
Gar wunderlich geht's jetzt in der Welt:
Wie trachtet man doch so nach Geld!
Herolde, Sprecher, Parzivante,
Die straften öffentlich sonst Schande
Und hatten dadurch Ehre viel;
Jetzt jeder Narr laut sprechen will
Und tragen Stäblein rauh und glatt,
Damit er werde Bettels satt.
Ihm wär' es Leid, wenn heil das Gewand;
Bettler besch ... jetzt alle Land'.
Des Einen Kelch muß silbern sein,
Gehn täglich sieben Maß hinein;
Der geht auf Krücken im Tageslicht,
Wenn er allein ist, braucht er's nicht.
Dieser kann fallen vor den Leuten,
Daß Jedermann muß auf ihn deuten;
Der leihet Andern die Kinder ab,
Daß er einen großen Haufen hab'.
Der einen Esel mit Körben beschwert,
Wie einer der nach Sanct Jacob fährt.
Der eine hinkt, der muß sich bücken,
Der bindet sich ein Bein auf Krücken
Oder ein Todtenbein unter's Wamms.
Wenn man recht schaute nach der Wunden,
Säh' man, wie das wär' angebunden.
Noch bin ich nicht am Bettelziel,
Denn es sind leider Bettler viel
Und werden stets noch mehr und mehr,
Denn Betteln, – das schmerzt Niemand sehr,
Nur den, der es aus Noth muß treiben;
Sonst ist's gar gut ein Bettler bleiben:
Vom Bettelwerk verdirbt man nit,
Viel schaffen Weißbrod sich damit
Und trinken nicht den schlichten Wein:
Es muß Reinfall, Elsässer sein.
Gar Mancher verläßt auf Betteln sich,
Der spielt, buhlt, hält sich üppiglich;
Denn hat er verschlemmt sei Gut und Hab',
Schlägt man ihm Betteln doch nicht ab:
Ihm ist erlaubt der Bettelstab.
Mit Betteln nähren viele sich,
Die reicher sind als du und ich!
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Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 110-113.

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