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Себастьян БрантDAS NARRENSCHIFF. 13 VON BUHLSCHAFT.

Ich, Venus mit dem strohernem Steiß...
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55
немецкий
An meinem Seil' ich nach mir zieh'
Viel' Affen, Esel und Narrenvieh:
Ich täusche, trüge, verführe sie.

Venus mit wallendem Haar, langem Schleppkleide und gewaltigen Flügeln, hält, von Kuckuk, Affe und Esel begleitet, drei Narren an Seilen. Bei einem derselben enthüllt die herabgeglittene Narrenkappe die Mönchstonsur. Hinter ihr mit frohlockendem Grinsen der Tod, vor ihr Cupido, blind, aber ohne Flügel, einen Pfeil abschießend.
Ich, Venus mit dem strohernem Steiß
Bin nicht die Letzte des Narrenbreis;
Ich lock' zu mir der Narren viel
Und mach' zum Gauche, wen ich will,
Meine Kunden Niemand nennet all'.
Wer je gehört von Circes Stall,
Kalypso, der Sirenen Joch,
Bedenk', welch Macht ich habe noch.
Denn wer meint, daß er witzig sei,
Den tauch' ich tief in Narrenbrei,
Und wer einmal von mir wird wund,
Den macht kein kräftig Kraut gesund.
Ich habe einen Sohn, der blind:
Kein Buhler sieht, was er beginnt;
Mein Sohn ein Kind ist, nicht ein Mann:
Und kindisch ist der Buhler Plan;
Sie kennen Worte von Gewicht
Gleich einem kleinen Kinde nicht;
Mein Sohn steht nackt und bloß all Tag',
Denn Buhlschaft Niemand bergen mag;
Böse Lieb' entfliegt, nicht lang sie steht,
Daher mein Sohn geflügelt geht.
Buhlschaft ist leicht zu aller Frist,
Nichts weniger stät auf Erden ist;
Cupido trägt den Bogen blos,
An jeder Seit' einen Köcher groß,
In einem hat er Hakenpfeile,
Damit trifft er viel Narrn in Eile,
Die sind scharf, hakig, gülden, spitz
Und wen sie treffen, verliert den Witz
Und tanzt darnach am Narrenholze;
Im andern Köcher die Vogelbolze
Sind stumpf, nicht leicht, beschwert mit Blei,
Macht einer wund, so scheuchen zwei.
Wen traf Cupidos sich're Hand,
Den setzet Amor rasch in Brand,
Daß er nicht löschen kann die Flamm',
Die Dido einst das Leben nahm,
Durch die Medea einst verbrannt
So Kind wie Bruder mit eigner Hand.
Kein Wiedehopf ward Tereus je,
Den Stier vermiede Pasiphae,
Phädra führ' nicht dem Theseus nach,
Sucht' nicht an ihrem Stiefsohn Schmach;
Nessus wär' nicht geschossen todt,
Troja gekommen nicht in Noth;
Es ließe Scylla dem Vater das Haar,
Hyacinth wär' keine Blume fürwahr:
Leander durchs Meer nicht schwimmen thät,
Messalina wäre in Keuschheit stät;
Mars läg' nicht in Ketten um sein Lieben,
Und fern wäre Prokris der Hecke geblieben.
Es stürzte nicht Sappho vom Felsenhang,
Keinen Kiel versehrte Sirenengesang;
Es ließe Circe wol fahren die Schiffe,
Und Cyklops mit Pan nicht kläglich pfiffe;
Leukothea nicht Weihrauch wär',
Myrrha fiel' nicht Adonis schwer.
Byblis wär' nicht ihrem Bruder hold,
Es empfinge nicht Danae durch Gold,
Nyctimene flöge nicht aus bei Nacht,
Zur Stimme nicht wäre Echo gemacht;
Es färbte nicht Thisbe die Beeren roth,
Atalante schüfe als Löwin nicht Noth.
Des Leviten Weib wäre nicht geschwächt
Und darum erschlagen ein ganz Geschlecht;
David ließe baden die Bathseba,
Und Samson nicht traute der Delila;
Nicht betete Salomo Götzen an,
Der Schwester hätt' Amon nichts Böses gethan;
Ohn' Grund wär' Joseph verklaget nit
Wie Bellerophon und Hippolyt;
Der Weise wie ein Roß nicht ginge,
Am Thurm Virgilius nicht hinge,
Ovidius hätte des Kaisers Gunst,
Wenn er nicht gelernt der Buhler Kunst. –
Es käm' zu Weisheit Mancher eh,
Wenn ihm nicht wär' zur Buhlschaft weh.
Wer viel mit Frauen hat Credenz,
Dem wird verbrannt sein Conscienz;
Es dienet Gott nicht früh noch spat,
Wer viel mit ihnen zu schaffen hat,
Die Buhlschaft dient einem jeden Stande
Zu Spott und Narrheit und zu Schande;
Noch schändlicher ist sie alsdann,
Wenn buhlt im Alter Weib und Mann.
Der ist ein Narr, der buhlen will
Und meint zu halten Maß und Ziel;
Denn daß man Weisheit pfleg' – und buhle,
Verträgt sich nicht auf einem Stuhle.
Ein Buhler wird verblendet gar:
Er meint, es nähm' ihn Niemand wahr.
Dies ist das kräftigste Narrenkraut,
Die Kappe klebt lang an der Haut.
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Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 30-33.

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